Der ungezogene Garten – „Paradies der Absurditäten, Ort der Entzückungen“

Im Surrealismus galt der Traum als „Wahrheit ohne Logik“. Dies wird in der Ausstellung zum Leitmotiv: Ein Garten, der Traumlogik, Absurdität sowie eine faszinierende Mischung aus Schönheit und Unheimlichem inszeniert.

Der ungezogene Garten
Verena Bretschneider & Lili Voigt

mit einer Kabinettausstellung von Thomas Gatzemeier und Sevda Chkoutova

Der TitelDer ungezogene Garten spielt mit Erwartungen – an Schönheit, Natürlichkeit, Ordnung. Doch in der gleichnamigen Ausstellung in der Galerie Koppelmann entgleiten diese Konzepte rasch. Statt eines gezähmten Paradieses erwartet die Besucher:innen ein visuell und atmosphärisch aufgeladenes Spannungsfeld aus Absurdität, Sinnlichkeit und Reflexion. Traum und Störung, Mythos und Ironie begegnen sich in einer vielschichtigen Rauminstallation, die neue Perspektiven auf Natur, Identität und gesellschaftliche Konstruktionen eröffnet.

Verena Bretschneiders skulpturale Arrangements und Objektbilder verführen mit leuchtenden Farben und scheinbarer Heiterkeit – doch bei näherer Betrachtung offenbaren sie eine irritierende Tiefe. Ihre Arbeiten verhandeln Rollenbilder, Sehnsüchte und kulturelle Chiffren, oft mit einem Augenzwinkern, das den Betrachter gleichzeitig belustigt und verstört. Inmitten floral anmutender Formen und archaischer Figuren spiegelt sich ein vielschichtiger Diskurs über Genderrollen, Körperbilder und kulturelle Codes. Der Garten wird bei ihr zur Projektionsfläche archetypischer Vorstellungen und gleichzeitig zum Ort der Enttarnung gesellschaftlicher Zuschreibungen.

Lili Voigt erweitert die Installation durch medienübergreifende Arbeiten, die das vermeintlich Alltägliche ins fantastische Surreale überführen. In ihren Videos, Sounds und Objekten entlarvt sie die Bruchlinien zwischen Innen- und Außenwelt. Ihr Zugang ist persönlich, poetisch – und immer wieder verstörend. Durch die Überzeichnung des Banalen erschafft Voigt Räume, die das Dazwischen thematisieren: Leben und Tod, Witz und Tragik, Wahrheit und Projektion. Im Innenraum erklingen geheimnisvolle Klanglandschaften: Gartenklänge, Vogelrufe und leises Rascheln ziehen flüsternd und zirpend mal beruhigend, mal unheimlich durch die Luft und lösen die Schranken zwischen Traum und Wirklichkeit auf.

Der Garten setzt sich fort – wie ein wucherndes Rhizom – in der begleitenden Kabinettausstellung mit Werken von Thomas Gatzemeier und Sevda Chkoutova.

Thomas Gatzemeiers Zyklus „Sammelsurium“ fügt dem Garten detailreiche Naturstudien hinzu. Der in Leipzig lebende Maler und Grafiker verbindet in diesen Arbeiten klassische Maltechnik mit einem gegenwärtigen Blick auf Natur und Bildsprache. Auf historischen Kontoblättern entfaltet sich eine farbenprächtige Flora und Fauna: Schmetterlinge, Früchte, Pflanzen – dargestellt in bestechender Detailgenauigkeit, beinahe wissenschaftlich – und doch voller Magie. 

Die Malereicollagen im Zyklus Die mystische Möhre offenbaren Gatzemeiers verspielte Kreativität. Auf historischen Heliogravüren fügt er unerwartete, farbige Details hinzu und schafft so einen neuen Bildvordergrund. Radieschen und überdimensionale Möhren sind in seinen surrealen Stillleben allgegenwärtig. Diese kleinen Brüche inszenieren einen Balanceakt zwischen Wirklichkeit und Phantasie: Durch das Hinzufügen eines einzigen Details entsteht oft eine völlig neue Bedeutung und katapultiert das Bild in neue Dimensionen.

Sevda Chkoutova wiederum lotet in ihren neuesten Arbeiten das Medium der Zeichnung in Richtung des Scherenschnitts aus. Ihre filigranen, oft großformatigen Werke setzen sich aus Silhouetten zusammen, die Wirklichkeit karikieren, überzeichnen und entblößen. Zwischen Linie und Schatten entstehen visuelle Verschiebungen, die den Betrachter:innen neue Ebenen eröffnen – eine Grenzverhandlung zwischen Realität und Albtraum. 
Die in Bulgarien geborene Künstlerin erschafft Räume, in denen Macht, Intimität und Identität zur Disposition gestellt werden. Ihre Arbeiten sind dabei zugleich zart und konfrontativ: Ein ästhetisches Spiel, das das Politische nie ausklammert.

Der ungezogene Garten
 ist ein Ort der ästhetischen Entgrenzung und thematischen Verdichtung – ein begehbares Tableau, das sich konsequent jeder Eindeutigkeit entzieht. Die Ausstellung lädt ein zum Staunen, Zweifeln und Neuverorten – ganz wie ein echter Garten: lebendig, wild und voller Überraschungen.

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